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Trendsetter*innen und Influencer*innen gelingt Kunstvermittlung digital

Sucht man heutzutage im Internet nach Maßstäben in beliebigen Bereichen des Alltags, findet man recht schnell die Begriffe „Influencer“ und „Trendsetter“. Während Trendsetter als jemand beschrieben wird, der „etwas Bestimmtes allgemein in Mode bringt“ beziehungsweise „einen Trend auslöst“, ist der Begriff „Influencer“ strenger an die Vermarktungsqualität gebunden. „Influencer“ werden – laut Wikipedia – „seit den 2000er Jahren Personen bezeichnet, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung in Frage kommen.“

Sieht man von dem Gewinn für die Wirtschaft (vorläufig) ab, sind Museen und Kulturinstitutionen auf dem besten Weg dahin, dank kunsthistorischer Influencer*innen zu Trendsetter der digitalen Welt zu werden. Sicher sind die Vorläufer dieser Eigenschaft in der analogen Welt zu finden. Durch ständige oder regelmäßige Ausstellungen gelingt es Museen – wie kaum anderer Institutionen – seit je her, Themen für kulturelle oder gesellschaftliche Diskussionen zu stellen und sogar langfristige Trends zu setzen und Wandlungsprozesse in Kunst, Kultur und Gesellschaft zu bewirken und/oder zu begleiten.

Hier ist Vieles zu nennen, doch nicht der richtige Ort für tiefere Analysen von Kunstepochen oder Entwicklungen einzelner Künstler. Es ist bekannt, dass die europäische Renaissance mit der Entdeckung und Begegnung der Künstler mit antiken Denkmäler einherging. Auch der Salon des Refusés 1863 in Paris ist ein bekanntes Ereignis der Kunstgeschichte. Schließlich jedoch nicht zuletzt sind die Aktionen von Künstlern der Dada-Bewegung tief in das Bewusstsein der europäischen Kunstwelt und zugleich der bürgerlichen Gesellschaft eingeschrieben.

Seien es nun die Bibliotheken des Mittelalters, die Kunstsammlungen italienischer Mäzene, die Kuriositätenkammern barocker Fürsten oder schlicht die Bildergalerien der Neuzeit, immer waren die Kunstwerke von Museen oder von ihren Vorläufern in der Lage, Betrachter zu beeinflußen, Wandlungsprozesse in Gang zu setzen und natürlich Trends zu bestimmen. In der digitalen Welt schienen die meisten Museen bislang, diese wichtige Rolle zu vernachlässigen oder in den Hintergrund zu drängen. Nur wenige wurden hierzulande – wie das Städel Museum in Frankfurt am Main – ihrer Berufung gerecht und gestalteten mit den Besuchern den digitalen Raum.

Nun scheint aber die Monacensia im Hildebrandhaus in München Bogenhausen diese Hürde so genommen zu haben, dass sie für weitere Kulturinstitutionen als Beispiel gelten kann. Mit einem kooperativen Forschungsprojekt zum Kulturerbe gelang es Anke Buettner (seit 2019 Leiterin des Hauses) Ende des vergangenen Jahres eine Kernaufgabe von Museen und Archive – zu erinnern – in den Mittelpunkt der Arbeit und der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit zu rücken. „Mit einem auf fünf Jahre angelegten kooperativen Forschungs- und Vermittlungsprojekt nimmt die Monacensia im Hildebrandhaus Lücken im literarischen Gedächtnis der Stadt in den Blick“, heißt es auf der Internetseite der Münchner Stadtbibliothek.

„Gleichzeitig erprobt sie neue Formen der Erinnerungskultur und der Kulturvermittlung“, steht es weiter im Text. Diesem Vorhaben wurde die Institution schon mit einem ungewöhnlichen Projektauftakt gerecht. Mit einer Blogparade „Frauen und Erinnerungskultur / #femaleheritage“, die am 11. November 2020 unter der Federführung von Dr. Tanja Praske startete, ging „ein Aufruf zur Vernetzung und zum Dialog über Texte und Lebensentwürfe von Frauen, über das Thema Gender und Parität im kulturellen Gedächtnis.“

Den Akteuren in Kunst- und Kulturbereich ist Tanja Praske wegen dem Blog „Kultur Museum Talk. Kunst, Kultur & Social Media“ und ihrer starken Präsenz in den sozialen Medien, in denen sie für die Sache der Kunst und Kultur plädiert, schon seit mehreren Jahren ein bekanntes Gesicht. Ihren Aufrufen zu Blog-Paraden sind seit 2013 von Jahr zu Jahr immer mehr Kultur-Bloggende gefolgt und haben ein breites Publikum im Netz erreicht. Es ist somit nicht verkehrt, sie als Influencerin zu bezeichnen, die ein ursprünglich zaghaftes und gebrechliches Kunstvermittlungskonzept über die sozialen Medien zum Erfolg für die Kunst- und Kulturdebatte im Land gebracht hat.

Im Falle des Aufrufs #femaleheritage der Monacensia sind in einer relativ kurzen Zeitspanne (vom 11. November bis 09. Dezember 2020) über 150 Blogbeiträge veröffentlicht worden, in denen an eine oder an mehreren Frauen vorwiegend aus der Geschichte der Kunst und Kultur erinnert wird, die eine wichtige, bisher totgeschwiegene Rolle gespielt haben. Doch, wie Anke Buettner unter #femaleheritage schreibt: „Es ist nicht die schiere Zahl der Beiträge zur Blogparade ‚Frauen und Erinnerungskultur‘, die uns so beeindruckt. Es ist der Fakt, dass uns ein partizipatives Projekt mit großteils unbekannten Menschen hautpsächlich im deutschsprachigen Raum gelungen ist.“

Hier geht es zur Blogparade #femaleheritage: https://blog.muenchner-stadtbibliothek.de/frauen-und-erinnerungskultur-blogparade-femaleheritage/

Hier geht es zum Blog und zum Social-Media-Profil von Dr. Tanja Praske: https://www.tanjapraske.de

Hier geht es zum Echo von Sabine Buchwald in der SZ vom 27. Januar 2021: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/monacensia-spuren-von-kuenstlerinnen-und-kaempferinnen-1.5187217

4 Antworten auf „Trendsetter*innen und Influencer*innen gelingt Kunstvermittlung digital“

Liebe Ioana,

ich habe gerade erst deinen Beitrag zu #femaleheritage entdeckt – vielen herzlichen Dank dafür! Tatsächlich habe ich einen so gewaltigen und inspirierenden Auftakt zum mehrjährigen Kulturerbe-Projekt #femaleheritage der Monacensia noch nie erlebt. Das Thema „Frauen und Erinnerungskultur“ berührt und motiviert zum Mitgestalten.

Zeitgleich gewann die Monacensia darüber Impulse und Ideen, die weiterentwickelt werden. Kuratorische Feldforschung, Partizipation sind die Leitmotive fürs weitere Fortgehen.

Es freut mich sehr, die Monacensia darin begleiten zu dürfen, das Team ist großartig und #femaleheritage lebt vom Team, vom gemeinsamen Esprit und von der Community, die mitgestaltet. Lücken im Archiv mit aufdeckt und im Idealfall, versucht zu schließen.

Mittlerweile flankiert eine Website #femaleheritage das Projekt. Die nächste Maßnahme ist das Monacensia – Dossier „Jüdische Schriftstellerinnen in München“ zu #2021JLID. Artikel, Texte und Videos aktualisieren es im Verlauf des Jahres. Ich erlaube mir, hier den Link zu setzen: https://www.muenchner-stadtbibliothek.de/femaleheritage

Vielen Dank auch für das Lob an mich: Ich kämpfe gerne für die Sichtbarkeit von Kultur, dafür, dass Kultur die Menschen berührt und zum Mitmachen motiviert, für eine bessere, zufriedenere Welt?! Das wäre schön, mehr Kultur, nachdenken darüber mag zu einem besseren Miteinander führen. Das treibt mich an.

Schöne Ostern!
Herzlich,
Tanja

Liebe Tanja,

Eure Freude bei Twitter über meinen Artikel im Blog war wirklich ansteckend. 🙂 Ich habe mir in der Tat über die Verbreitung des Textes nicht viel Gedanken gemacht. Ich freue mich also auch, dass damit der Blog ein wenig bekannter geworden ist und ich Euch eine kleine Freude bereiten konnte.

Davon abgesehen, verdient Eure Arbeit alle Aufmerksamkeit, weil sie, anders als die üblichen Trends im Internet, viel Content hat und die denkbar beste Begleitung im Alltag ist. Einige Stunden in der Gesellschaft gebildeter Damen ist eine wahre Erholung und Ansporn für die eigene Arbeit. Ja, ich glaube auch an eine bessere Welt und bin sehr zufrieden, wenn das mal gelingt.

Vielen herzlichen Dank für die Arbeit, die Du zusammen mit Anke Buettner leistest!

Im Blog der Münchner Stadtbibliothek hat Monacensia vor wenigen Tagen (am 11.05.2021) ein Manifest zum Kuratieren in der Zeit veröffentlicht. Der Erinnerungskultur der Vielen soll – neben oder im Gegensatz zu den Speicherpraktiken digitaler Konzerne – ein Platz im Digitalen eingeräumt werden. Eine mutige Standortbestimmung von einer Kulturinstitution, die auf Erinnerung aufbaut. Nicht verpassen und mitmachen: https://blog.muenchner-stadtbibliothek.de/erinnerungskultur-der-vielen-kuratorische-feldforschung-monacensia-manifest/

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