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Von Byzanz weg… / unterwegs (Serie)

An ein Praktikum in der nördlichen Moldau und der Bukowina nach dem vierten Semester Kunstgeschichte an der Bukarester Akademie der Kunst erinnere ich mich immer wieder gerne. Wir hatten die Aufgabe, die ikonographischen Programme der Malereien in den mittelalterlichen Kirchen zu verfolgen und Abweichungen zu interpretieren. Es war ein heißer Sommer und wir suchten alle relevanten Klosterkirchen mit Aussen- und Innengemälden auf. Damals lernte ich von der damaligen Professorin Corina Popa (*1942), dass es für Kunsthistoriker*innen keine verschlossenen Türen gibt, wenn es um Kunst geht.

Wir gingen entschieden in die Kirchen rein bis zum Altarraum, der in orthodoxen Ländern nur dem Priester vorbehalten ist und hielten uns dort auf, bis alle Heiligendarstellungen erschöpfend besprochen waren. Den entrüsteten Nonnen erörterten wir den Wert der Kunst und der Denkmale, der auf jeden Fall als der religiösen Nutzung übergeordnet zu sehen sei. Erst nachdem wir alles aufgezeichnet und vertieft hatten, verließen wir wieder die Räumlichkeiten unsicher darüber, ob wir selber unter Zeitdruck zum nächsten Denkmal eilten oder mehr oder minder verdeckt rausgeschmissen wurden.

Auf jeden Fall nahm ich die Überzeugung mit, dass ich vor verschlossenen Türen an Denkmalen keinen Halt machen muss. Und in meinen späteren Reisen durch Europa sah ich eigentlich alles, was ich sehen wollte, sei es dass der Schlüssel einer romanischen Kirche mittags bei einem schlafenden Küster war, sei es dass der Besuch einer Sehenswürdigkeit nur einer begrenzten Anzahl von Touristen gestattet wurde, oder dass in einem bestimmten Raum gerade getagt, gefeiert oder gebetet wurde.

In einem Sommer in den 1990er Jahren des 20. Jahrhunderts war ich in einem Urlaub auf der Chalkidiki. Ich nahm das als Anlass auch Thessaloniki zu besuchen und da die byzantinischen Kirchen. Seit einer Reise in meiner Kindheit war ich in dem Griechenland meiner Großeltern nicht mehr gewesen und vieles wusste ich nicht mehr. An der Osios David, der Kirche des ehemaligen Latomos-Klosters – seit 1988 Teil des UNESCO-Welterbes – war der Pförtner unwillig uns, wenigen Touristen, die Tür zu öffnen. Es war Mittag, es war heiß, er setzte sich auf einer Bank vor dem Eingang in der Kirche und machte keine Anstalten die Kirche jemals öffnen zu wollen. Nach einiger Wartezeit, in der sich niemand und nichts bewegte, sammelte ich meine Erinnerungen der griechischen Sprache zusammen – „Du kannst das, was die Griechen vergessen haben“, pflegte mein Großvater zu sagen -, und bat ihn in seiner Sprache, uns den Raum zu öffnen. Tatsächlich leuchtete sein Blick auf, er erhob sich, holte die Schlüssel aus der Tasche und öffnete mit einer breiten Geste die Tür. Ich wusste, dass ich so schnell nicht wieder jene Orte besuchen würde und ich war froh, damals diese einmalige und sehr frühe Darstellung in Mosaik des bartlosen Christus zu bewundern. Was ich denn dem Pförtner geflüstert hätte, wollte ein westlicher Tourist wissen, der sich über den Wandel in der Gesinnung des Gastgebers wunderte. „Ich weiß es nicht“, antwortete ich, „aber es war wohl richtig.“

Den Rest des Urlaubs verbrachte ich auf Sithonia und träumte davon Athos besichtigen zu können. Am Strand schmiedete ich Pläne, in denen ich als Mann verkleidet vom Meer aus die Halbinsel erreichen würde. Dann würde ich mich von Kloster zur Einsiedlung und zum Stift schleichen und jene Kunstwerke betrachten, die Athos niemals verlassen haben. Ich frage mich, ob es heute möglich ist, mit der neuen Technologie, mittels einer Kamera an einer Live-Reise für alle, die Athos nicht betreten dürfen, teilzunehmen? Ob Athos Internet kennt? Dann könnten vielleicht  Kunsthistoriker von calaios.eu einmal hinfahren und für uns die Türen öffnen. Damals gab ich mich am letzten Tag meines Aufenthalts in Thessaoniki zufrieden mit dem Besuch der ersten Ausstellung in Griechenland, in der die „Schätze vom Berg Athos“ (1997) einer breiten Öffentlichkeit gezeigt wurden.

Der festen Gläubigkeit hingegen fielen nach der Wende in Rumänien einige Denkmäler zum Opfer. In so manchen Gegenden trugen die Bewohner alte Kirchen ab und ließen neue und „schöne“ an ihrer Stelle errichten. Ich war bereits im Westen, hörte hin und wieder von den verzweifelten Aufrufen von Kunst- und Kulturschaffenden vor Ort und konnte die Ereignisse nicht einmal mehr verfolgen. Ein anderer, anstrengender Alltag nahm mich mit in ein anderes Leben, weg von Byzanz. Das Los der Denkmale aber ist jener, anderer Werke der Menschheit ähnlich. Einiges bleibt erhalten, anderes wird zerstört, wenige werden gerettet, die meisten vergessen, umgebaut, dem Erdboden gleich gemacht. Für Kunsthistoriker bleiben Bruchstücke, Erinnerungen, Fragmente schriftlicher oder materieller Zeugnisse, Spolien und Palimpseste, aus denen eine vergangene Zeit mehr oder weniger realitätsgetreu  nachgezeichnet wird.

 

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Brunnen in Augsburg I. (Serie)

„An der Wende zwischen Renaissance und Barock schufen die Künstler Hubert Gerhard und Adriaen de Vries drei Monuentalbrunnen, Bronzeplastik von italienischer Eleganz. Diese Brunnen wurden zur 1600-Jahr-Feier der Stadt entlang der heutigen Maximilianstraße, Augsburgs kaiserlicher Prachtstraße, und vor dem Rathaus aufgestellt.

Jedes Jahr zur Osterzeit werden die im Winter geschützten Brunnen aufgedeckt, und sie beginnen wieder zu fließen, rauschen, sprudeln und zu plätschern. Seit 1986 wird in Augsburg zur Sommerszeit ein Brunnenfest gefeiert. Dabei wird einer der drei Prachtbrunnen im wahrsten Winne des Wortes lebendig. Spätabends steigt der römische Kaiser Augustus von seinem Brunnensockel herunter, die vier Flußgötter erwachen zum Leben und vier kleine Putten treiben ihren Schabernack. Dieses getanzte Augustus-Traumspiel, von Fritz Kleiber geschaffen, begeistert stets Touristen und immer wieder auch die Augsburgerinnen und Augsburger.“

(Schad M., Brunnen in Augsburg. Fotografien von Helmut Müller. Bindlach 1992, S. 7)

In den 1990er Jahren saß ich an der Universität zu Köln in verschiedenen Seminaren zur Kunstgeschichte Westeuropas. Ich erinnere mich an eine Sitzung, in der ein Vortragender über die Brunnen in Augsburg referierte. Ich war mehr als nur erstaunt, ich war sprachlos. Wieso widmete man sich einem so nichts sagenden Themas, fragte ich mich. Ich wusste nichts über die Urbanistik in Deutschland und stellte mir vor, dass jede Stadt in Westeuropa mindestens ein Dutzend Brunnen wie Fontana die Trevi in Rom oder Fontaine des Mers auf dem Place de la Concorde in Paris haben müsste. Warum also eine Arbeit solch bescheidener Beispiele in einer kleinen Stadt in Bayern widmen?

Erst später verstand ich den Stellenwert der Brunnen in Augsburg und ich schätzte sie, erst als ich hierher zog. Dass solche Kunstwerke auch hierzulande nicht alltäglich sind, wurde mir nach und nach bewusst. Umso bedeutender also die drei Prachtbrunnen der Stadt. Im Juli 2019 wurde das weltweit einzigartige Wasserleit-System in Augsburg zum UNESCO-Welterbe ernannt. Zu dem Zeitpunkt kannte ich bereits die Bedeutung des Wassers für die Stadt an der Lech und an der Wertach und ich hatte auch schon viele der Brunnen gesehen.

Allein 36 Augsburger Brunnen stellte Martha Schad in dem o.a. Buch von 1992 vor.

September 2022 immer noch sehr warm und immer noch Corona. Ich gehe alle zwei Tage eine ältere Dame im Krankenhaus besuchen. Alle zwei Tage laufe ich bis zum Königsplatz, mache den Test und gehe damit und dann ab ins Diakonissenkrankenhaus über den Prinzregentenplatz. Zum ersten Mal nehme ich mir die Zeit, über die grüne Insel mit dem Brunnen zu gehen und fotografiere die Blumen. Gelb und Lila – im Komplementärkontrast, der mir am besten gefällt.

Der Brunnen ist wuchtig, hat einen hohen Becken und oben auf der Säule steht die Bronzefigur des bayerischen Prinzregenten Luitpold (1821-1912). Er hatte nach dem Tode König Ludwigs II. (1886) die Regentschaft übernommen, zu seinem 80. Geburtstag (am 12. März 1901) sollte der ihm gewidmete Brunnen fertiggestellt sein. Der Brunnen wurde vom Münchner Bildhauer Franz Bernauer (1861-1916) geschaffen und von August Riedinger (1845-1919) aus Augsburg gegossen. 1903 war er erst fertig, zur Einweihung kam der Sohn des Prinzregenten, Prinz Ludwig, der spätere und letzte bayerische König Ludwig III. (1845-1921).

(vgl.: Schad, Brunnen in Augsburg, 27. Der Prinzregentenbrunnen, S. 73.)

Ich blicke auf das – gemessen an den Dimensionen des Brunnens – relativ kleine Wassersprudel aus Delphinköpfen und schaue hinauf auf den ehemaligen bayerischen Herrscher. „Luitpold Prinzregent von Bayern“ steht auf dem Steinsockel, darunter in verkröpften Rundbogennischen in Hochrelief – die, von der Witterung zerfressenen Porträts der vier Könige von Bayern aus dem Haus Wittelsbach: Maximilian I. Joseph (1756-1825), Ludwig I. (1786-1868), Maximilian II. Joseph (1811-1864) und Ludwig II. (1845-1886). Der Prinzregent trägt einen schweren Mantel über der Tracht des Hubertusordens, wie ich später zu Hause einer Reiselektüre entnehme. Dort auf dem Platz ist es aber zu heiß, bei dem Anblick des Gewandes wird mir schwindlig. Ich blicke auf das erfrischende Wasser und verlasse die grüne Insel.

Bis zu dem Bett meiner zwischen Leben und Tod schwebenden, alten Dame, denke ich noch an den im Sommer wie im Winter schönen Königsplatz in München, an die Antikensammlung, an die Glyptothek, hier an manche der römischen Kaiser, denen die Brutalität und Verrücktheit bis heute ins Gesicht geschrieben steht: Caligula (12-41), Nero (37-68),  Domitian (51-96), Commodus (161-192), Caracalla (188-217)… Ich weiß nicht mehr, ob ich sie aus Büchern oder aus der Münchner Sammlung römischer Porträts kenne. Einige sind gewiss in der Glyptothek zu sehen. Kein erfreulicher Anblick.

Die Fahrstuhltür im Krankenhaus schließt sich. Ich bin mit einem negativen Test erfolgreich am Empfang vorbeigekommen, der Nachmittag gehört der Gegenwart und den damit verbundenen Sorgen.

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In eigener Sache / Nachtrag zur Magisterarbeit von 1998

Albrecht Dürer (1471-1528), Selbstbildnis im Pelzrock, 1500, Lindenholz; 67,1 cm x 48,9 cm; München, Alte Pinakothek, Inventarnr. 537.

https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/Qlx2QpQ4Xq/albrecht-duerer/selbstbildnis-im-pelzrock

In seinem Selbstbildnis von 1500 hat Albrecht Dürer sich ähnlich wie Christus dargestellt und damit eine nicht von Menschenhand gemachte Ikone nachempfunden. Zugleich hat er sich selbst in allen Details abgebildet und es ist heute noch so, als wäre er auf der Tafel lebendig. Er hat die Aura des Abbilds der Ostkirche zusammengelegt mit Aura des Abbilds der Renaissance in einem Selbstbildnis. Genial! Ich muss zugeben, ich habe das bisher nicht gesehen… Sorry!

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Die Welt im 17. Jahrhundert / unterwegs (Serie)

Eine Weltkarte von 1651 zeigt die Welt aufgeteilt in zwei kreisrunde Hälften. Die eine enthält die beiden Amerika umgeben von Mar del Nort im Osten und Mar del Zur im Westen (geteilt in Ocean of Peru und Pacific Sea), die andere – Europa, Asien, Afrika und das südliche damals noch nicht bekannte Land mit Westerne Ocean, Indian Sea, Atlanticke Sea, Chinensis Ocean und oben im Nordosten Tartarian Sea. Der Äquator ist angegeben, die beiden Pole, die Klimazonen: South Frozen Zone, Temperate Zone, Torride Zone und Nord Frozen Zone. Die imaginären Linien – Meridiane und Parallelen – sind ebenfalls aufgezeichnet. In den beiden Kreisen sind neben den zahlreichen, bekannten Orten auf den Erdteilen noch einige Kartuschen mit historischen Daten eingetragen.

In den beiden unteren Ecken der Karte werden Mond- und die Sonnenfinsternis erklärt, dazwischen sind die (männlichen) Allegorien von Feuer (mit Salamander) und Luft (mit Vögel) links und rechts von der südlichen Hemisphäre mit Sternbilder dargestellt. Am oberen Rand umrahmen die (weiblichen) Elemente Wasser und Erde die nördliche Himmelshalbkugel, in der linken oberen Ecke werden die Elemente des Himmels als ein großer Kreis mit vielen konzentrischen Kreisen gezeichnet: In der Mitte ist die Erde umgeben von Luft und Feuer, es folgen die Bahnen von Mond (Silber), Merkur (Quecksilber), Venus (Kupfer), Sonne (Gold), Mars (Eisen), Jupiter (Zinn), Saturn (Blei). Diese werden umgeben vom achten Himmel (Sternzeichen), danach vom neunten, kristallinen Himmel und schließlich dem zehnten und ersten „beweglichen“ Himmel. In der rechten oberen Ecke gibt es eine Kugel, die die Form der See wiedergeben soll. Die Karte enthält noch kleine Medaillons mit den Porträts von dem Seefahrer Ferdinand Magellan (1480-1521), von Oliver van Noort (1558-1627), dem ersten Niederländer, der die Welt umsegelte, von dem englischen Freibeuter und Entdecker Francis Drake (1540-1596), schließlich von dem dritten Weltumsegler und Korsaren Sir Thomas Cavendish (1560-1592).

All dieses Wissen im 17. Jahrhundert muss man sich wahrscheinlich vor Augen führen, wenn man die Kunst der damaligen Zeit bespricht. Dieses Ineinandergreifen von Geschichte, Geographie, Astronomie, Astrologie, Alchemie wurde in manchen Gemälden gefeiert. Ein Maler wie Jan Vermeer van Delft (1632-1675) wird viel von diesen Entdeckungen und Erfahrungen gekannt haben. Sicherlich hatte er Kenntnisse der Geometrie, Arithmetik, der damaligen Physik, aber auch dieser zahlreichen Karten mit den Darstellungen der bekannten Welt. Ein Universum, das schwer auseinander zu nehmen ist, und viel aussagt, über die weiten Denkräume des Künstlers, der den Alltag seiner kleinen Welt abgebildet hat.

Piraten wurden verfolgt und wurden gefeiert. Feuer, Luft, Wasser und Erde hatten neben den Eigenschaften, die Tag für Tag verwendet wurden, übernatürliche Kräfte in einer Welt, die voller Entdeckungen und trotzdem voller Geheimnisse war. Sterne wiesen nicht nur Seefahrern den Weg sondern den Menschen im Leben. Es wurde berechnet, studiert, geprobt und orakelt. Doch die bekannte Welt wurde immer größer. Man kannte Kalifornien schon, wo Francis Drake abstieg, das dicht besiedelte Peru, Afrika war recht gut bekannt, sowie Asien. In Westeuropa gab es England, Irland, Schottland, Norwegen, Spanien, Frankreich, Deutschland und Italien, daran grenzte im Osten Ungarn, Slavonien, Griechenland, das Baltikum. Frankfurt a.M. war Zentrum des als Germania bezeichneten Landes und es war umgeben von Cöln, Hamburg, Stettin, dann Prag, Wien, Basel, Genf, Antwerpen und Amsterdam. Die Entfernungen waren andere: zwischen Frankfurt und Venedig lag nur noch Basel; zwischen Paris und Marseille – nur Lyon.

Als ich jung war, träumte ich davon, Unterwasserarchäologie zu studieren und auf Schatzsuche in die Meere dieser Welt zu reisen. Der Traum endete, als ich erfuhr, dass man als Taucher*in eher mit Einsätzen für die Kripo als mit Schatzfunde Geld verdient. Ich wusste nicht viel über das 17. und 18. Jahrhundert, aber viele der damals zwischen den Kontinenten gefahrenen Güter, könnten auf dem Boden der Ozeane liegen, dachte ich.  Wie die Decke des Schaezlerpalais‘ in Augsburg auch zeigt, waren es bestimmt Gold und Edelsteine, teure Tuchwaren, Lebensmittel und Gewürze, Steingut und Töpferwaren, schließlich Geld jene Waren, die auf Schiffen transportiert und mit denen gehandelt wurde. Schon möglich, dass manches bei Unwetter auf hoher See oder bei Angriff von Freibeutern verloren ging.

Im vergangenen Jahr fand im Schaezlerpalais zwischen dem 20. Mai und dem 11. September eine Ausstellung mit dem Titel „Pax & Pecunia. Kunst, Kommerz und Kaufmannstugend in der Augsburger Deckenmalerei“ statt. Guglielmis Fresko im Festsaal des Stadtpalastes wurde auch besprochen und es wurde an mehreren Stellen hervorgehoben, dass das  Augsburger Bürgertum Wert darauf legte, den internationalen Handel als Tätigkeit zwischen gleichgestellten Partnern erscheinen zu lassen. Wie auf einem modernen Olymp, aus dem die alten Götter vertrieben wurden, sitzen die drei Kontinente um Europa herum an der Decke des Schäzlerpalais‘. An einem Ende des Gemäldes – Asien und Afrika, an dem anderen – Amerika, so getrennt fast wie auf der Karte von 1651. Die geographische Lage wurde hier nachempfunden, die exotischen Tiere, die die Frauenallegorien begleiten, wurden genaustens abgebildet, alles deutet auf eine gute Kenntnis von der Welt jenseits von Europa hin. Die Rolle des internationalen Handels ist in diesem Fresko Reichtum zu verteilen. Nichts trübt diese Darstellung der neuen Welt und damit auch nicht die Zuversicht des Hausherrn.

„Im Gesamtkonzept des Rokokosaales mit seinen Zyklen der Monate, Jahreszeiten und Tierkreise erscheint die dekorative Erdteildarstellung als gezielter Versuch des Bauherren, im Dekorationsprogramm wie auch durch den Bau auf Pracht, Wohlstand und Ansehen seines Hauses und die internationale Spannweite seines Geschäftes hinzuweisen.“

(Schaffer S.C., Der unter Europa florierende Handel. In: Pax & Pecunia. Kunst, Kommerz und Kaufmannstugend in der Augsburger Deckenmalerei. Imhof Verlag, Petersberg 2022, S. 95.)