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Die Welt im 17. Jahrhundert / unterwegs (Serie)

Eine Weltkarte von 1651 zeigt die Welt aufgeteilt in zwei kreisrunde Hälften. Die eine enthält die beiden Amerika umgeben von Mar del Nort im Osten und Mar del Zur im Westen (geteilt in Ocean of Peru und Pacific Sea), die andere – Europa, Asien, Afrika und das südliche damals noch nicht bekannte Land mit Westerne Ocean, Indian Sea, Atlanticke Sea, Chinensis Ocean und oben im Nordosten Tartarian Sea. Der Äquator ist angegeben, die beiden Pole, die Klimazonen: South Frozen Zone, Temperate Zone, Torride Zone und Nord Frozen Zone. Die imaginären Linien – Meridiane und Parallelen – sind ebenfalls aufgezeichnet. In den beiden Kreisen sind neben den zahlreichen, bekannten Orten auf den Erdteilen noch einige Kartuschen mit historischen Daten eingetragen.

In den beiden unteren Ecken der Karte werden Mond- und die Sonnenfinsternis erklärt, dazwischen sind die (männlichen) Allegorien von Feuer (mit Salamander) und Luft (mit Vögel) links und rechts von der südlichen Hemisphäre mit Sternbilder dargestellt. Am oberen Rand umrahmen die (weiblichen) Elemente Wasser und Erde die nördliche Himmelshalbkugel, in der linken oberen Ecke werden die Elemente des Himmels als ein großer Kreis mit vielen konzentrischen Kreisen gezeichnet: In der Mitte ist die Erde umgeben von Luft und Feuer, es folgen die Bahnen von Mond (Silber), Merkur (Quecksilber), Venus (Kupfer), Sonne (Gold), Mars (Eisen), Jupiter (Zinn), Saturn (Blei). Diese werden umgeben vom achten Himmel (Sternzeichen), danach vom neunten, kristallinen Himmel und schließlich dem zehnten und ersten „beweglichen“ Himmel. In der rechten oberen Ecke gibt es eine Kugel, die die Form der See wiedergeben soll. Die Karte enthält noch kleine Medaillons mit den Porträts von dem Seefahrer Ferdinand Magellan (1480-1521), von Oliver van Noort (1558-1627), dem ersten Niederländer, der die Welt umsegelte, von dem englischen Freibeuter und Entdecker Francis Drake (1540-1596), schließlich von dem dritten Weltumsegler und Korsaren Sir Thomas Cavendish (1560-1592).

All dieses Wissen im 17. Jahrhundert muss man sich wahrscheinlich vor Augen führen, wenn man die Kunst der damaligen Zeit bespricht. Dieses Ineinandergreifen von Geschichte, Geographie, Astronomie, Astrologie, Alchemie wurde in manchen Gemälden gefeiert. Ein Maler wie Jan Vermeer van Delft (1632-1675) wird viel von diesen Entdeckungen und Erfahrungen gekannt haben. Sicherlich hatte er Kenntnisse der Geometrie, Arithmetik, der damaligen Physik, aber auch dieser zahlreichen Karten mit den Darstellungen der bekannten Welt. Ein Universum, das schwer auseinander zu nehmen ist, und viel aussagt, über die weiten Denkräume des Künstlers, der den Alltag seiner kleinen Welt abgebildet hat.

Piraten wurden verfolgt und wurden gefeiert. Feuer, Luft, Wasser und Erde hatten neben den Eigenschaften, die Tag für Tag verwendet wurden, übernatürliche Kräfte in einer Welt, die voller Entdeckungen und trotzdem voller Geheimnisse war. Sterne wiesen nicht nur Seefahrern den Weg sondern den Menschen im Leben. Es wurde berechnet, studiert, geprobt und orakelt. Doch die bekannte Welt wurde immer größer. Man kannte Kalifornien schon, wo Francis Drake abstieg, das dicht besiedelte Peru, Afrika war recht gut bekannt, sowie Asien. In Westeuropa gab es England, Irland, Schottland, Norwegen, Spanien, Frankreich, Deutschland und Italien, daran grenzte im Osten Ungarn, Slavonien, Griechenland, das Baltikum. Frankfurt a.M. war Zentrum des als Germania bezeichneten Landes und es war umgeben von Cöln, Hamburg, Stettin, dann Prag, Wien, Basel, Genf, Antwerpen und Amsterdam. Die Entfernungen waren andere: zwischen Frankfurt und Venedig lag nur noch Basel; zwischen Paris und Marseille – nur Lyon.

Als ich jung war, träumte ich davon, Unterwasserarchäologie zu studieren und auf Schatzsuche in die Meere dieser Welt zu reisen. Der Traum endete, als ich erfuhr, dass man als Taucher*in eher mit Einsätzen für die Kripo als mit Schatzfunde Geld verdient. Ich wusste nicht viel über das 17. und 18. Jahrhundert, aber viele der damals zwischen den Kontinenten gefahrenen Güter, könnten auf dem Boden der Ozeane liegen, dachte ich.  Wie die Decke des Schaezlerpalais‘ in Augsburg auch zeigt, waren es bestimmt Gold und Edelsteine, teure Tuchwaren, Lebensmittel und Gewürze, Steingut und Töpferwaren, schließlich Geld jene Waren, die auf Schiffen transportiert und mit denen gehandelt wurde. Schon möglich, dass manches bei Unwetter auf hoher See oder bei Angriff von Freibeutern verloren ging.

Im vergangenen Jahr fand im Schaezlerpalais zwischen dem 20. Mai und dem 11. September eine Ausstellung mit dem Titel „Pax & Pecunia. Kunst, Kommerz und Kaufmannstugend in der Augsburger Deckenmalerei“ statt. Guglielmis Fresko im Festsaal des Stadtpalastes wurde auch besprochen und es wurde an mehreren Stellen hervorgehoben, dass das  Augsburger Bürgertum Wert darauf legte, den internationalen Handel als Tätigkeit zwischen gleichgestellten Partnern erscheinen zu lassen. Wie auf einem modernen Olymp, aus dem die alten Götter vertrieben wurden, sitzen die drei Kontinente um Europa herum an der Decke des Schäzlerpalais‘. An einem Ende des Gemäldes – Asien und Afrika, an dem anderen – Amerika, so getrennt fast wie auf der Karte von 1651. Die geographische Lage wurde hier nachempfunden, die exotischen Tiere, die die Frauenallegorien begleiten, wurden genaustens abgebildet, alles deutet auf eine gute Kenntnis von der Welt jenseits von Europa hin. Die Rolle des internationalen Handels ist in diesem Fresko Reichtum zu verteilen. Nichts trübt diese Darstellung der neuen Welt und damit auch nicht die Zuversicht des Hausherrn.

„Im Gesamtkonzept des Rokokosaales mit seinen Zyklen der Monate, Jahreszeiten und Tierkreise erscheint die dekorative Erdteildarstellung als gezielter Versuch des Bauherren, im Dekorationsprogramm wie auch durch den Bau auf Pracht, Wohlstand und Ansehen seines Hauses und die internationale Spannweite seines Geschäftes hinzuweisen.“

(Schaffer S.C., Der unter Europa florierende Handel. In: Pax & Pecunia. Kunst, Kommerz und Kaufmannstugend in der Augsburger Deckenmalerei. Imhof Verlag, Petersberg 2022, S. 95.)

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Im Römischen Reich / unterwegs (Serie)

Wenn ich so zurückdenke, habe ich eigentlich – bis auf die fünf Jahre in München Anfang des neuen Jahrhunderts – die Grenzen des römischen Reichs nie verlassen. In der ehemaligen Provinz Dakien (von 106 n.Chr. bis 270er Jahre n.Chr.) geboren, war ich einige Jahre in der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln, gegründet 50 n.Chr.) zu Hause. Danach habe ich zwei Jahre in Lugdunum (Lyon, gegründet 43 v.Chr.) gelebt und nach dem anschließenden und vorübergehenden Aufenthalt in München, zog ich nach Augusta Vindelicum (Augsburg, gegründet 15 v.Chr.). Hier wohne ich seit 2007.

In Bukarest gab es keine antiken Funde im Stadtbild, die an das alte Rom hätten erinnern können oder ich habe sie vergessen. Es gab einige Orte, an denen die römische Vergangenheit zelebriert wurde. Wie der Römische Platz im Zentrum der Stadt, an dem eine Kopie der Kapitolinischen Wölfin, ein Geschenk der Stadt Rom, aufgestellt war. Daran ging ich in meiner Schulzeit täglich vorbei. Als ich mich später für die Aufnahmeprüfung an der Akademie der Kunst in Bukarest im Fach Kunstgeschichte vorbereitete, lernte ich, die Wölfin sei Sinnbild der Stadt Rom, eine Arbeit etruskischer Meister aus dem 5. Jahrhundert v.Chr., die Kinder Romulus und Remus – in der späteren Renaissancezeit eingefügt. Heute wird die Bronzeskulptur ins Mittelalter, zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert, datiert. Jahre später traf ich die Statue wieder in einer Variante in Stein am Römerbrunnen in Köln.

Als ich 1990 das erste Jahr Studium der Kunstgeschichte hinter mir hatte, ging es ins Praktikum nach Capidava (gegründet 1. Jhdt. n.Chr. als Wehranlage der Moesia inferior), einer antiken Ausgrabungsstätte an der Donau. Unter der Leitung unseres damaligen Professors für Archäologie, Radu Florescu (1931-2003), hoben wir „oben“ auf der einst abgebrannten römischen Burg neolithische Spuren aus. Oder wir arbeiteten schwer mit dem Spaten „unten“ im Hafen, der bis auf die Grundmauern ausgegraben werden musste. Nachmittags fügten wir Scherben von alten Töpferwaren zusammen und freuten uns über jeden Erfolg, wenn zwei oder drei Scherben zusammenpassten.

Von der Ausgrabungsstätte blickte man auf die Donau einerseits und andererseits auf eine Straße, die sich über die Hügel Richtung Horizont schlängelte. Selten fuhr ein Auto entlang und wir blickten so ins Nichts während vom Radio das damals neue oft ausgestrahlte Lied von Chris Rea (* 1951) „The Road to Hell“ (1989) hörten und das Refrain nachsummten. Hätte ich den Entschluss auszuwandern, nicht erfasst, so hätte ich mit Sicherheit noch viele Ferien meines Lebens in dem Ort verbracht, der mir in nur einem Sommer ans Herz gewachsen ist.

 

Ich beschränkte mich aber darauf, einige Keramikscherben und einige Steine als Erinnerung mitzunehmen. Diesen Brauch behielt ich längere Zeit und sammelte immer kleine Fundstücke von Reisen in den Mittelmeerländern. Die Teile sind inzwischen nicht mehr genau zuzuordnen. Ob aus der Dobrudscha, aus Griechenland, aus Italien oder aus Frankreich, die Souvernirs von ehemaligen Stätten römischer Zivilisation bilden heute einen kleinen Schatz an Memorabilia. Trotz fester Versprechen und eisernen Willens an diese Orte zurückzukehren, habe ich so gut wie nie zwei Mal den gleichen Strand am Mittelmeer betreten und die antiken Ruinenstädte auch nur ein Mal besucht. Getrieben von der Hast nach immer neuen Sehenswürdigkeiten im kulturreichen Europa vergaß ich beruflich dorthin zurückzukehren, wo einst alles begann, ans Mittelmeer. Es blieb bei den gelegentlichen Urlaubsreisen, bei Fotos und einigen Erinnerungsstücken.

Ein knappes Jahrzehnt später sitze ich tagsüber auf den breiten Stufen des römischen Theaters in Lyon und blicke bei klarem Wetter auf den Mont Blanc, der am Horizont erscheint. Wenige Touristen steigen auf und ab und probieren, ob man ganz oben in den Rängen das Flüstern auf der Bühne hört. Die Zeit war knapp, als ich Lyon wohnte. Ich habe leider an keinem der Schauspiele teilgenommen, die während der Sommerzeit entweder im Theater oder im angrenzenden Odeon aufgeführt wurden. Ich erinnere mich nur an Spaziergänge auf der Anhöhe der beiden Bühnen und an das Schauspiel des Himmels und des Lichts jedes Mal anders, als ich dort war.

Bei einer Aufführung war ich hingegen im antiken Theater vom benachbarten Vienne. Laut Wikipedia soll der Name der Stadt von einer „Via Gehenna“, einem „Weg zur Hölle“ kommen. An einem Sommerabend des Jahres 2001, während der alljährlich stattfindenden Jazzkonzerte dort, sah ich und hörte Paco de Lucia (1947-2014) Gitarre spielend. Das Publikum war begeistert und überhäufte ihn mit Applaus als von der Bühne die Klänge des bekannten „Friday Night in San Francisco“ aufstiegen. Das 1980 uraufgeführte und 1981 aufgenommene Stück spielten damals neben Paco de Lucia, Al Di Meola (* 1954) und John McLaughlin (* 1942).

In Vienne gibt es auch neben einem Tempel (1. Jhdt. v.Chr.) des Augustus (63 v.Chr. – 14 n.Chr.) und der Livia (58 v.Chr. – 29 n.Chr.) – auf der anderen Rhône-Seite – eine Siedlung namens Saint-Romain-en-Gal, wo 1967 ein ehemaliges römisches Villenviertel ausgegraben wurde. Seit Mitte der 1990er Jahren steht da ein Museum mit lichter Architektur, dessen kostbarste Ausstellungsstücke Fußbodenmosaike sind. Eines davon (Ende 3. Jhdt. n.Chr., 7 m x 5,20 m) wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt und stellt den mythischen König Thrakiens, Lykurg, dar, der den Mut hatte, sich Bacchus entgegenzustellen. Als ihm Rhea zur Strafe den Verstand nimmt, tötet Lykurg im Weinrausch seinen Sohn Dryas in der Annahme, er sei ein wuchernder Rebstock. Die Darstellung des thrakischen Königs inmitten des bedrohlich anmutenden Rankenwerks ist einmalig und suggeriert wie kein zweites den Rausch, in dem die blutige Tat vollbracht wurde. Apsisförmig endet das Mosaik im oberen Bereich mit Figuren des Bacchus, Pan und der Bacchanten, die Lykurg bedroht hatte.

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Aktuell: DigAMus-Award 2021 – digitale Angebote von Museen zwischen Natur und Kultur

Knapp zehn Tage ist es her, dass die Gewinner des diesjährigen DigAMus-Award bekannt gegeben wurden. Die zwei Jahre junge Auszeichnung ist für die digitalen Angebote von Museen im Internet wichtig und sie beherrscht mit ihrem Ablauf – Einreichung nach Kategorien, Einbeziehung des Publikums für einen gesonderten Preis, Auswahl der Short-List, Verleihung der Awards – einige Monate lang das Leben der (vorerst nur deutschsprachigen) Museen. Newsletter von Kulturagenturen, Wortmeldungen in den sozialen Medien, Blogbeiträge von Kunst- und Kulturakteuren begleiten konstant dieses Ereignis von seinen Anfängen (im Spätsommer) bis zum Höhepunkt und Ausklang (im Herbst). Das Echo des DigAMus-Award klingt auch danach nicht ab – obwohl es ein wenig abnimmt -, weil die digitalen Beiträge der Museen immer und von überall aus das ganze Jahr über auf der Seite des – im Bereich digitale Kulturvermittlung – jetzt schon rennomierten Preises einsehbar sind.

 

Der Preis wurde in fünf Kategorien – Apps & Games, Hybrides Angebot, Webseite oder Online-Ausstellung, Social-Media-Aktionen, Podcasts – verliehen, hinzu kamen noch drei Sonderpreise – Sonderpreis Kleines Budget, Sonderpreis Inklusion & Interaktion und Publikumspreis. Fast alle preisgekrönten Einreichungen thematisieren – im Gleichtakt mit der alles beherrschenden Debatte in Politik und Gesellschaft -, direkt oder indirekt Mensch und Natur in ihrer Vergänglichkeit und der damit zusammenhängenden Verwandlung. Dabei widmen sich manche Beiträge – wie die Social-Media-Aktion des Museums Burg Posterstein in Thüringen #Garteneinsichten oder die App des Neanderthal-Museums in Mettmann „Neanderthal: Memories“ – ganz dem Thema Leben in der Natur, während andere – wie das Neu-Ulmer „Edwin-Scharff-Museum“ mit der Ausstellung „Architektierisch“ und/oder das Staatliche Museum für Archäologie in Chemnitz (smac) mit dem inklusiven Angebot „Die Stadt. Zwischen Skyline und Latrine“ – das Zusammenwirken von Natur und Kultur in den Vordergrund stellen. Selbst der äthiopische Mantel, der von dem Museum Villa Freischütz in Meran in einem Podcast gewürdigt wurde, spricht durch Farbgebung und Dekor, implizit über die Natur entfernter Regionen und vergangener Zeiten. Sicher steht aber bei diesem Exponat – wie auch bei dem Beitrag des Züricher „Johann-Jacobs-Museums“, der in der Sparte Apps & Games ausgezeichnet wurde, „uiivit. Dinge von gestern. Heute verstehen.“ – das zweite aktuelle Thema der heutigen Kulturszene Europas, der Kolonialismus, im Vordergrund.

 

Wie eine Zusammenfassung dieser Mensch-Natur-Problematik wirkt bei dieser Auswahl die, in der dritten Kategorie mit Preis versehene Online-Ausstellung „Ich hasse die Natur“ der Klassik Stiftung Weimar. Als Ergänzung zu der gleichnamigen, analogen Ausstellung im Schiller-Museum gedacht, bleibt sie nun im digitalen Raum ein Echo des Jahresthemas 2021 „Neue Natur“, wobei der in Anlehnung an Thomas Bernhard entstandene Titel „‚Ich hasse die Natur!‘ Mensch – Natur – Zukunft“ die Ziele der Ausstellungsmacher*innen benennt. Keine Harmonie wird also vorgetäuscht, sondern ganz aktuell und provozierend der Tod in den Mittelpunkt gestellt. Es wird das Verhältnis zwischen Mensch und Natur als Kräftemessen in drei, mit Musik von Ekkehard Ehlers untermalten Kapiteln gezeigt.

 

Das erste Kapitel „Killing us softly (Weiterleben)“ zeigt die menschliche Vergänglichkeit anhand von Krankheit, Seuchen und Tod. Die Natur scheint mit ihrer Kraft über die Menschen zu bestimmen,  die ihr ein religös geprägtes Weltbild und den damit verbundenen Glauben von einem Leben nach dem Tod entgegenstellt. Totenmasken, realistische Krankheitsbilder und Requisiten des Alters beleben dabei visuell die schriftlichen Ausführungen. Im zweiten Kapitel „Destroy (Zerstörung)“ scheinen Natur und Kultur in einem zerstörerischen Kampf zu liegen, aus dem es kein Entkommen gibt. Bilder der Vergangenheit, aber auch Arbeiten moderner Kunst illustrieren einerseits die Zerstörung der Natur durch Menschen und, andererseits die Wiederkehr der Natur im ehemaligen, menschlichen Lebensraum. Ergreifend sind hierbei die Fotos Flo Döhmers über den Verfall und über das Vergessen von beispielsweise Prypjat (bei Tschernobyl), aber auch die Arbeit „Library“ der amerikanischen Künstlerin Lori Nix, in der Bäume und Bücher ad litteram gegenüber gestellt werden und eine nostalgische Einheit in einem vorgestellten, hybriden Raum der Zukunft bilden.

 

Im dritten Kapitel der digitalen Ausstellung „A Reflexion (Panta rhei)“ werden schließlich drei Modelle der Zukunft angerissen. Im einen Modell wird ein Fortleben des jetzigen Anthropozäns, des konfliktbeladenen Zusammenspiels von Mensch und Natur imaginiert. Ein nächstes postuliert ein Zeitalter – Dendrozän -, in dem der Mensch verschwindet und die Natur die Oberhand gewinnt. Das letzte Szenario gilt dem Novozän, in dem weder Mensch noch Natur sondern eine künstliche Intelligenz die Welt erobert und beherrscht. Besucher des virtuellen Raums können am Ende einem Podcast mit dem Titel „Back to the Future“ folgen, in dessen Verlauf zwei Medienwissenschaftler von der Universität Bonn – PD Dr. Christoph Ernst und Prof.Dr. Jens Schröter – auf einige Fragen des Publikums antworten, über die verschiedenen, hier aufgezählten Zukunftsszenarien sprechen und zu weiterführenden Diskussionen anregen.